Grillen bei der Donauinsel

Heute war ich mal wieder von „meinen“ Flüchtlingen eingeladen zum Grillen zu kommen. Besonders beliebt ist der Grillplatz bei der Brigittenauer Brücke. Der Vorteil, man muss nicht vorher beim Magistrat einen Platz reservieren. Der Nachteil, es sind so viele Menschen dort und so viele aktive Griller, man fühlt sich in die Zeit zurückversetzt, als noch in den Kellerlokalen geraucht werden durfte und man um 4 Uhr in der früh die Luft durchschneiden musste, um zur Tür zu gelangen. Das Visavis war damals, wie heute, manchmal nur schemenhaft von den geröteten Augen erkennbar.

Wie üblich ist natürlich die gesamte Familie mit dabei, inklusive Kinder, Bruder, Cousins, einfach die gesamte Familie die zur Zeit in Österreich ist.

Wir brauchen ein wenig, bis die Atmosphäre sich lockert, zu lange haben wir uns nicht gesehen. Mit der Zeit wird sie lockerer und wir fangen an einander zu erzählen was in den letzten paar Monaten so passiert ist. In seinem neuen Zuhause fühlt er sich sehr wohl, das Pensionistenheim in dem sie jetzt untergebracht sind, liegt in einer sehr schönen Umgebung, mit viel Grün und jede Menge Möglichkeiten etwas im Freien zu unternehmen. Seine Tochter hat ihre erste Schulwoche schon hinter sich und ihr Deutsch ist in den letzten 2 Jahren wirklich gut geworden. Akzent kann man bei ihr keinen hören. Die Grammatik ist halt noch nicht ganz so gut und manche Wörter fehlen ihr noch, aber ich bin sicher sie holt das ganz schnell auf. Ihre Lehrerin findet sie total nett und lieb, wie wohl die meisten Erstklässler, und es tut gut zu sehen wie wohl sie sich fühlt.

Ein wenig Bedenken hatte ich schon, wie ich gehört habe in welche Gegend sie übersiedelten. Recht nobel und nicht gerade bekannt dafür, Fremden und dann auch noch Asylanten freundlich gegenüber zu stehen. Ich frage nach und er erzählt, eigentlich hat er in den 2 Jahren seit er in Österreich ist, nie ein abfälliges oder beleidigendes Wort von den Österreichern über ihn gehört. Vielleicht liegt es auch daran, sein Deutsch ist noch nicht so gut im Gegensatz zu seinem sehr guten Englisch. Immerhin ist er jetzt schon auf B2 Niveau und versteht schon eine ganze Menge, leider hat es ein Jahr gedauert bis er den ersten ernst zunehmenden Deutschkurs besuchen konnte.

Er erzählt mir von einem Erlebnis das erst vor ein paar Wochen stattfand. Unweit seines Zuhauses (er sagt übrigens nicht mehr Unterkunft, sondern wirklich Zuhause/home) beobachtete er wie eine ältere Frau Probleme hatte mit dem Tragen ihres Einkaufs. Einmal flog ihr etwas runter und sie bückte sich um es aufzuheben und ging dann weiter. Er hat dann entdeckt, ihr Handy ist ihr dabei irgendwie aus der Tasche gefallen, also hat er es aufgehoben und ist ihr nachgegangen. Sie war wohl etwas verschreckt, weil sie seine Schritte hinter sich gehört hat. Jedenfalls hat er sie von hinten angeredet und ihr sind vor Schreck zwei Taschen aus der Hand gerutscht. In ihrer scheinbaren Panik hat sie wie wild auf ihn eingeredet, nur hat er natürlich nicht wirklich was verstanden. Nach einigem hin und her haben sie auf englisch weitergeredet und sie hat ihr Telefon wieder an sich genommen. Zusammen sind sie dann die 2 Stationen zu ihr gegangen und er hat ihr beim Tragen der Taschen geholfen. Dabei erzählte sie ihm, dass es ihr noch passiert wäre, dass ihr jemand beim Tragen geholfen hätte und überhaupt war sie erstaunt, dass er ein Asylant ist und aus dem Irak kommt. Sie hat ja bisher nur Schlechtes von diesen Leuten gehört und war ehrlich überrascht.

Wie es bei ihm üblich ist, hat er sie natürlich eingeladen ihn und seine Familie zu besuchen, ihr seine Zimmernummer genannt und sie eingeladen jederzeit vorbei zu schauen, die Tür steht immer offen für Besucher. Leider hat sie das bis heute nicht in Anspruch genommen, ich bin mir nämlich sicher, sie wäre noch viel mehr erstaunt wie herzlich und freundlich auch seine Frau und seine Kinder sind.

Diese bedingungslose Gastfreundschaft kennen wir bei uns in dieser Form nicht. Kaum jemandem würde einfallen auf der Strasse einfach so einen Wildfremden einzuladen, ihm Adresse und Telefonnummer zu geben und das alles ohne einen Hintergedanken. Ich kann mir vorstellen wie verwirrt die Frau war und wahrscheinlich am Anfang auch misstrauisch. Das permanente Trommelfeuer der Medien und Politiker auf Asylsuchende hinterlässt einfach ihre Spuren, ob absichtlich herbeigeführt oder unbeabsichtigt.

Was mich ein wenig traurig stimmt ist, dass weder er noch sonst jemand aus seiner Familie bisher den „erlösenden“ Bescheid bekommen haben. Sie wurden zwar bereits interviewt, aber entschieden wurde noch nichts. Zwei Jahre sind sie mittlerweile in Österreich, haben dabei ein für irakische Verhältnisse luxuriöses Leben aufgegeben, nur um die Möglichkeit zu haben in Frieden zu leben, ihre Kinder ohne Krieg aufzuziehen, Arbeiten zu gehen und sich so ein glückliches Leben aufzubauen.